Die sogenannte „Schüttellähmung“ führt oftmals zu erheblichen Funktionsstörungen von Körper, Psyche und Geist
Zitternde Hände, gebückte Haltung und ein meist höheres Alter: Diese Vorstellungen haben viele Menschen, wenn sie an die Parkinson-Erkrankung denken und ihr Bild von Betroffenen beschreiben sollen. Dabei umfasst es nur einen Bruchteil der vielfältigen Symptomatik, Ausprägung und Eigenschaften der sogenannten „Schüttellähmung“. Deshalb will die Selbsthilfeinitiative „Parkinson in jedem Alter“ zu einem besseren Verständnis der komplexen Erscheinungsformen der Bewegungsstörung beitragen und sensibilisiert mit Berichten von teilweise jungen Betroffenen der Erkrankung. So erhielt der ehrenamtliche Leiter des bundesweiten Angebots, Dennis Riehle (Konstanz), bereits mit Mitte 30 die endgültige Diagnose, obwohl ein Krankheitsbeginn vor 40 Jahren eher selten ist. Prinzipiell kann er aber jederzeit eintreten und stellt dann das Leben der gesamten Familie auf den Kopf: „Wäre es nur der Tremor, dann hätte ich kein Problem mit meinem Parkinson und würde mir auch wenige Gedanken über die Alltagsgestaltung und die existenzielle Zukunft machen. Doch die bei mir im Vordergrund stehende Verlaufsform des hypokinetischen-rigiden Typus erschwert das Dasein erheblich. Denn die nahezu lähmende und sehr schmerzhafte Muskelsteifigkeit und die Verlangsamung von psychomotorischen Abläufen sind wirklich beeinträchtigend und massiv“, erklärt der Journalist vom Bodensee. „Man kommt sich vor, als würde man den ganzen Tag in einem Tretbecken laufen, gegen Widerstände von Wasser und Wachs. So fühlt sich meine Bewegung derzeit an – und schränkt meinen Mobilitätsradius in ganz erheblichem Maße ein“.
Riehle beschreibt auch kognitive Störungen, die gemäß neuropsychologischen Testungen bereits nahe an einen dementiellen Prozess heranragen und dabei vor allem Kurzzeitgedächtnis, Aufmerksamkeit, Konzentration, Wortfindung und zeitliche Orientierung reduzieren: „Früher im Beruf brauchte ich einige Minuten, um einen längeren Text zu schreiben. Heute benötige ich dafür Stunden, mit vielen Pausen und zahlreichen Flüchtigkeitsfehlern. Im Gespräch merkt man mir zwar die Retardierung an, dort kann ich mich bei intensiver Fokussierung aber noch weitgehend problemlos verständigen. Dass mir mittlerweile aber ab und an nicht einmal mehr das eigene Geburtsdatum oder wichtige Ereignisse aus der Vergangenheit einfallen, ist schon störend. Und mit solch einem Verlust an Hirnvolumen, der radiologisch und neurologisch bestätigt wurde, muss man als heute 38-Jähriger erst einmal umgehen. Die Anpassung ist eine massive Herausforderung und es bedarf hierbei der therapeutischen Unterstützung“, sagt der Sozialberater. Ohnehin liege die Schwierigkeit in der wechselnden und wenig verlässlichen Symptomatik, die jeden Tag etwas Neues hervorbringen könne: „So erging es mir, als erstmals Halluzinationen auftraten oder ich eine Harninkontinenz entwickelte. Eines Morgens hatte ich plötzlich eine dystone Spastik in der Hand. Und seit einiger Zeit versagt mir regelmäßig die Stimme. Das lässt manchmal durchaus verzweifeln und verbittert sein. Gleichzeitig habe ich durch eine couragierte und ambitionierte Betreuung durch meine Ärzte und Therapeuten viel Lebensqualität erhalten können. Sie behandeln mich nach den neuesten Standards und können so die Komplikationen der Erkrankung eindämmen. Manchmal bin ich natürlich auch depressiv, aber insgesamt hat mir der Parkinson gelehrt, das Hier und Jetzt wertzuschätzen und für kleine Dinge dankbar zu sein. Ich habe neue Resilienz gewonnen“.
Die kostenlose Beratung der Selbsthilfeinitiative ist überregional unter www.selbsthilfe-riehle.de erreichbar.