Mittwoch, Oktober 30, 2024

Große Flugsaurier fraßen kleine Dinos.Erstaunliches aus dem Buch Flugsaurier in Deutschland von Ernst Probst

Wiesbaden – Der 1975 erstmals wissenschaftlich beschriebene Quetzalcoatlus northropi aus den USA ist nicht der einzige Flugsaurier, der eine Flügelspannweite bis zu zwölf Metern erreicht hat. Er muss sich diesen Ruhm heute mit drei anderen Giganten d

Wiesbaden – Der 1975 erstmals wissenschaftlich beschriebene Quetzalcoatlus northropi aus den USA ist nicht der einzige Flugsaurier, der eine Flügelspannweite bis zu zwölf Metern erreicht hat. Er muss sich diesen Ruhm heute mit drei anderen Giganten der Lüfte aus Usbekistan, Jordanien und Rumänien teilen. Jeder von ihnen war ein Kurzschwanz-Flugsaurier und existierte in der Oberkreidezeit, in der vor mehr als 65 Millionen Jahren die letzten Flugsaurier einem Massenaussterben zum Opfer fielen.

Die Entdeckungsgeschichte des nach dem aztekischen Gott Quetzalcoatlus und dem amerikanischen Flugzeug Northrop YB-49 benannten Riesen-Flugsauriers Quetzalcoatlus begann 1971, als der amerikanische Student Douglas A. Lawson im Big Bend Nationalpark in Texas (USA) einen noch im Gestein steckenden, ungefähr einen Meter langen Knochen fand, Als er ein Stück davon seinem Professor Wann Langston junior (1921–2013) in Austin zeigte, erkannte dieser, dass es sich um den Flügelknochen eines Flugsauriers handelte. Lawson und Langston bargen an der Fundstelle nur Teile eines Flügels, der sich nach dem Tod des Flugsauriers vom Körper gelöst hatte. Das restliche Skelett wurde wohl weiter entfernt an unbekannter Stelle eingebettet.

1975 berichtete der Entdecker Lawson in der amerikanischen Wissenschaftszeitschrift „Science“ kurz über die Entdeckung des riesigen Flugsauriers im Big Bend Nationalpark mit einer unglaublichen Flügelspannweite von mehr als 15 Metern und gab ihm den wissenschaftlichen Namen Quetzalcoatlus northropi. Später wurde die wahrscheinliche Flügelspannweite von Quetzalcoatlus northropi auf bis zu zwölf Meter korrigiert. Das Lebendgewicht schätzte mau auf 100 bis 250 Kilogramm. Der riesenhafte Flugsaurier war möglicherweise ein Aasfresser, der sich von Überresten verendeter Tiere ernährte.

Die Entdeckungsgeschichte der vier größten Flugsaurier – Quetzalcoatlus northropi aus den USA, Arambourgiania philadelphiae aus Jordanien, Azhdarcho lancicollis aus Usbekistan und Hatzegopteryx thambema aus Rumänien – wird in dem Buch „Flugsaurier in Deutschland“ (2023) des Wiesbadener Wissenschaftsautors Ernst Probst erzählt. Dieses 567 Seiten umfassende, reich bebilderte Werk befasst sich mit Flugsauriern aus aller Welt und ist bei „Amazon“ im Internet erhältlich.

Abenteuerlich klingt die Entdeckungsgeschichte des imposanten Kurzschwanz-Flugsauriers Arambourgiania philadelphiae aus Jordanien. Sie begann damit, dass in den frühen 1940er Jahren ein Arbeiter bei Reparaturen an der Bahnstrecke von Amman (Jordanien) nach Damaskus (Syrien) bei Russeifa nahe Amman auf einen 62 Zentimeter langen fossilen Knochen stieß. 1943 kaufte der Direktor einer Phosphatmine dieses Fossil und informierte hierüber nach dem Zweiten Weltkrieg einen englischen Archäologen. 1953 schickte man den Knochen an den französischen Wissenschaftler Camille Arambourg (1885–1969) in Paris, der den Fund 1954 als Mittelhand-Knochen eines riesigen Flugsauriers identifizierte. 1959 beschrieb Arambourg den Knochen und gab ihm den wissenschaftlichen Namen Titanopteryx philadelphiae. Der Gattungsname Titanopteryx bedeutet „Titanen-Flügel“, der Artname philadelphiae erinnert an den Namen von Amman in der Antike. Nachdem 1971 extrem lange Halswirbel des gigantischen Fljugsauriers Quetzalcoatlus in Texas zum Vorschein kamen, erkannte man, dass auch der vermeintliche Mittelhand-Knochen von Titanopteryx in Jordanien ein Halswirbel ist. In den 1980er Jahren erfuhr der russische Forscher Lev A. Nessov (1947–1995) aus Sankt Petersburg durch einen Insektenkundler von dem Gattungsnamen Titanopteryx. Weil dieser bereits 1935 von einem deutschen Wissenschaftler für eine Fliege vergeben worden war, benannte Nessov 1989 die Gattung Titanopteryx in Arambourgiania um. Der Gattungsname Arambourgiania ehrt den inzwischen verstorbenen Pariser Experten Arambourg.

1995 reisten die Wissenschaftler David M. Martill (Portsmouth) und Eberhard Frey (Karlsruhe) nach Jordanien, um den in den frühen 1940er Jahren geborgenen großen Knochen zu untersuchen. Doch sie konnten das Fossil nicht finden. 1996 recherchierte ein Geologe, dass der Flugsaurier-Knochen 1969 von einem Geologen gekauft und 1973 der Universität von Jordanien in Amman geschenkt worden war. Dort lag er immer noch in der Sammlung der Universität. Martill und Frey untersuchten den Halswirbel, schätzten dessen Gesamtlänge auf 78 Zentimeter, die Halslänge auf etwa drei Meter und die Flügelspannweite auf zwölf bis dreizehn Meter. Es sei nicht verschwiegen, dass spätere Schätzungen manchmal nur eine Flügelspannweite von sieben Metern ergaben.

1984 machte der bereits erwähnte russische Forscher Lev A. Nessov den gigantischen Flugsaurier Azhdarcho lancicollis aus Usbekistan (Asien) bekannt. Auch dieser soll eine Flügelspannweite von maximal zwölf Metern erreicht haben. Der Gattungsname Azhdarcho beruht auf dem usbekischen Namen eines mythischen Drachens und der Artname lancicollis erinnert an den langen Hals. Der scharfe, zahnlose Schnabel von Azhdarcho eignete sich vermutlich am besten dafür, um kleine Wirbeltiere und Aas zu verzehren. Die größten der riesigen Flugsaurier wurden 1986 von dem amerikanischen Forscher Kevian Padian in einer Familie namens Azhdarchidae zusammengefasst.

2002 erregten die Wissenschaftler Eric Buffetaut, Dan Grigorescu und Zoltan Csiki mit der  Nachricht über einen in Rumänien entdeckten gigantischen Flugsaurier großes Aufsehen. Dieser Gigant trug einen etwa drei Meter langen Schädel, hatte eine Flügelspannweite von maximal  zwölf Metern und in aufrechter Körperhaltung eine Höhe bis zu sechs Metern wie eine ausgewachsene heutige männliche Giraffe. Das Forschertrio bezeichnete jenes Flugtier als Hatzegopteryx thambema. Der Gattungsname  Hatzegopteryx beruht auf dem rumänischen Namen des Fundortes Hateg (deutsch: Hötzing). Der Artname thambema (Der Schreckliche)  spielt auf die enorme Größe des Flugsauriers an.

Viele Forscher haben sich den Kopf darüber zerbrochen, wie ein bis zu 250 Kilogramm schwerer Gigant wie Quetzalcoatlus northropi fliegen konnte. 2021 stellten Kevin Padian, James R. Cunningham, Wann Langston junior und John Conway die These auf, Quetzalcoatlus northropi sei drei Meter hoch und mehr in die Luft gesprungen, um dann flügelschlagend abzuheben.
Der englische Paläontologe und Paläoartist Mark P. Witton fertigte Lebensbilder an, die Quetzalcoatlus und Hatzegopteryx mit einem Dinosaurier als Jagdbeute zeigen. Auf einem Bild frisst Quetzalcoatlus einen jugendlichen Titanosaurier, auf einer anderen Rekonstruktion verzehrt  Hatzegopteryx einen kleinwüchsigen Zalmoxes, der erwachsen bis zu drei Meter lang wurde. Ernst Probst zufolge hat der 1915 von dem deutschen Paläontologen Ernst Stromer von Reichenbach (1871–1952) beschriebene, bis zu 18 Meter lange Raubdinosaurier Spinosaurus aus der Kreidezeit in Nordafrika neben Fischen gelegentlich Flugsaurier erbeutet.

Die bisher aus Deutschland bekannten Flugsaurier erreichten keine solchen Rekordmaße wie Quetzalcoatlus, Arambourgiania, Azhdarcho und Hatzegopteryx. Die Flugsaurier aus dem Solnhofen-Archipel in Bayern in der Oberjurazeit vor etwa 150 Millionen Jahren brachten es allenfalls auf eine Flügelspannweite bis zu 2,50 Metern. Der ungefähr 140 Millionen Jahre alte Fußabdruck eines Flugsauriers aus der Unterkreidezeit, der bei Bückeburg in Niedersachsen hinterlassen wurde, soll von einem Tier mit einer geschätzten Flügelspannweite von ungefähr sechs Metern stammen. Der im Zentrum für Geowissenschaften der Universität Göttingen aufbewahrte Abguss eines Saurier-Fußabdrucks wurde 2013 von Jahn J. Hornung und Mike Reich als erster Flugsaurier-Füßabdruck in Deutschland vorgestellt.

Ernst Probst und Doris Probst aus Mainz-Kostheim haben zahlreiche Bücher und E-Books über verschiedene Themenbereiche veröffentlicht.

Kontakt
Autor Ernst Probst
Ernst Probst
Im See, 11
55246 Wiesbaden
+49613421152
https://www.fair-news.de/author/ernst_173974

Die Bildrechte liegen bei dem Verfasser der Mitteilung.

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