Montag, November 25, 2024

Merkantiler Minderwert nach einem Unfall: Ihr Recht auf Schadensersatz

Wenn Sie einen Unfall hatten und Ihr Fahrzeug beschädigt wurde, haben Sie möglicherweise Anspruch auf Schadensersatz für den sogenannten merkantilen Minderwert, der auch als Wertminderung bezeichnet wird.

Aber was genau bedeutet das und wie können Sie Ihre Rechte geltend machen? Dieser Artikel erklärt, was merkantiler Minderwert (Wertminderung) ist, wie er berechnet wird und was Sie als Geschädigter wissen müssen.

Was ist der merkantile Minderwert?

Der merkantile Minderwert bezeichnet den Wertverlust eines Fahrzeugs nach einem Unfall, selbst wenn es technisch einwandfrei repariert wurde. Dieser Wertverlust entsteht, weil der Markt einen Unfallschaden auch bei ordnungsgemäßer Reparatur als negativ bewertet. Käufer sind in der Regel bereit, weniger für ein Fahrzeug zu zahlen, das einen Unfall erlitten hat, als für ein unfallfreies Fahrzeug. Dieser Wertunterschied ist der merkantile Minderwert und muss vom Schädiger ersetzt werden. Es handelt sich um einen Schaden, der neben den weiteren Schäden wie beispielsweise den Kosten für die Reparatur des Autos sowie für die Gebühren des Rechtsanwalts und den Gutachter bei dem Unfallverursacher oder seiner Versicherung geltend gemacht werden können.

Rechtsgrundlage für den merkantilen Minderwert

Gemäß § 251 Abs. 1 BGB ist der Schädiger verpflichtet, den merkantilen Minderwert zu ersetzen, unabhängig davon, ob der Geschädigte das Fahrzeug weiter nutzt oder verkauft. Entscheidend ist, dass der Markt den Unfallschaden bei der Preisbemessung berücksichtigt und das Fahrzeug dadurch an Wert verliert. Dies ist auch der Fall, wenn der Geschädigte die Reparatur nicht durchführen lässt, sondern sich die Kosten gemäß § 249 Abs. 2 S. 1 BGB ersetzen lässt (fiktive Abrechnung).

Beispiel aus der Praxis

Stellen Sie sich vor, Sie hatten kürzlich einen Unfall mit Ihrem relativ neuen Auto, einem Mercedes-Benz, Baujahr 2022. Der Wagen hat erst 15.000 Kilometer auf dem Tacho und war vor dem Unfall in einwandfreiem Zustand. Nach dem Unfall wird das Fahrzeug professionell repariert, aber potenzielle Käufer erfahren von dem Unfallschaden und sind daher nur noch bereit, weniger für den Mercedes zu zahlen als für ein vergleichbares unfallfreies Fahrzeug. Diese Wertminderung, die durch den Unfall verursacht wurde, ist der merkantile Minderwert.

In einem vergleichbaren Fall entschied das Landgericht München, dass ein Fahrzeug auch nach fachgerechter Reparatur einen merkantilen Minderwert aufweist, wenn der Markt den Unfallschaden mit Preisabschlägen „bestraft“. Dies bedeutet, dass der Geschädigte Anspruch auf Ersatz dieses Minderwerts hat, um den finanziellen Nachteil auszugleichen.

Berechnung des merkantilen Minderwerts

Die Höhe des merkantilen Minderwerts hängt von verschiedenen Faktoren ab, darunter:

Das Alter des Fahrzeugs, weil jüngere Fahrzeuge in der Regel mehr an Wert verlieren als ältere. Außerdem auch der Kilometerstand. Ein niedriger Kilometerstand kann zu einem höheren Minderwert führen. Schwerwiegendere Schäden führen oft zu einem höheren merkantilen Minderwert. Fahrzeuge, die generell gefragt und wertstabil sind, können einen geringeren merkantilen Minderwert aufweisen. Bezüglich eines beschädigten Ferrari F50 hatte das Landgericht Erfurt in einem Urteil aus dem Jahr 2003 (8 O 835/01) trotz erheblicher Beschädigung eine Wertminderung verneint. Grund hierfür war, dass es den potenziellen Käufern schlichtweg egal war, dass das Fahrzeug einen Unfall hatte. Die Bewerber hatten sich trotzdem mit Offerten überboten.

Für die Schätzung des merkantilen Minderwerts werden oft Methoden wie die von Ruhkopf/Sahm oder Halbgewachs verwendet. Diese Methoden wurden vom Bundesgerichtshof (vgl. BGH NJW 1980, 281 (282); BGHZ 161, 151 (154) als brauchbare Bewertungsgrundlage anerkannt, wobei die Besonderheiten des Einzelfalls immer berücksichtigt werden müssen. Die Feststellung dieser Wertminderung werden durch den Gutachter vorgenommen, welcher auch die anderen Schäden feststellt.

Ihre Rechte als Geschädigter

Als Geschädigter haben Sie das Recht, den merkantilen Minderwert als Teil Ihres Schadensersatzanspruchs geltend zu machen. Dies gilt auch dann, wenn Sie das Fahrzeug nicht verkaufen, sondern weiter nutzen möchten. Der Anspruch besteht unabhängig davon, ob Sie die Reparatur durchführen oder sich nur die Kosten erstatten lassen. Es kann daher festgehalten werden: Der merkantile Minderwert ist ein wichtiger Aspekt des Schadensersatzes nach einem Unfall. Selbst wenn Ihr Fahrzeug technisch einwandfrei repariert wurde, steht Ihnen möglicherweise eine Entschädigung für den Wertverlust zu, den der Markt aufgrund des Unfallschadens berücksichtigt. Achten Sie darauf, alle relevanten Unterlagen und Gutachten sorgfältig zu dokumentieren, um Ihre Ansprüche effektiv geltend machen zu können. Wenn Sie unsicher sind, lassen Sie sich rechtlich beraten, um sicherzustellen, dass Sie den vollen Umfang Ihres Schadensersatzanspruchs erhalten, damit es bei einem späteren Verkauf nicht zu bösen Überraschungen kommt.

Autor: Valentin Schulte

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