Freitag, November 22, 2024

Bündnis Deutschland: Eine politische Kraft als bürgerlicher Vakuumfüller?

Im Gespräch mit dem baden-württembergischen Landesvorsitzenden Ingo Weber

Zwischen dem bürgerlich-mittigen und rechtskonservativen Spektrum in der Parteienlandschaft hat sich eine Lücke aufgetan. Die Sehnsucht vieler Bürger nach einem Angebot zwischen Union und AfD ist groß. Mittlerweile tummeln sich weitere Mitbewerber auf dem Tableau, beispielsweise das „Bündnis Sahra Wagenknecht“ oder die „WerteUnion“. Doch es gibt daneben noch andere politische Kräfte, die für die entsprechende Wählerklientel von Interesse sein könnten. Wofür steht beispielsweise BÜNDNIS DEUTSCHLAND? Wie verhält es sich zu den derzeit im Tagesgeschehen vorherrschenden Themen? Und warum engagieren sich Menschen aktuell mehr denn je politisch? Hierüber sprach Journalist Dennis Riehle mit Ingo Weber, dem Landesvorsitzenden von BÜNDNIS DEUTSCHLAND für Baden‐Württemberg:

Herr Weber, im Augenblick scheinen sich viele Menschen in Deutschland mit dem Tagesgeschehen mehr denn je zu beschädigen. Denn es fühlt sich doch Manches im Umbruch an.  Was hat Sie persönlich bewogen, sich politisch zu engagieren? 

Ingo Weber: Bereits seit 2015, wenn nicht sogar noch früher, beschlich mich ein sehr ungutes Gefühl was die Sinnhaftigkeit und die Weitsicht der politischen Entscheidungen in Europa und Deutschland anging. Was ich wahrnahm und was mein Kopf mir sagte, passte einfach nicht zu dem, was uns die politisch Verantwortlichen erzählten und was sie entschieden. Leider war ich zu dieser Zeit noch beruflich sehr stark eingebunden, so dass für ein politisches Engagement wenig bis keine Zeit blieb. Seit 2022 hat sich die vorgenannte Entwicklung mit der Ampel noch verstärkt. Genannt seien insbesondere die vollkommen verkorkste und inzwischen auch gescheiterte Energiewende sowie das Festhalten an der ungebremsten Migration nach Deutschland und in unsere Sozialsysteme. Da ich gleichzeitig auch zeitlich inzwischen mehr Freiraum habe, war es für mich an der Zeit mich politisch zu engagieren.

Sie sind in der Partei BÜNDNIS DEUTSCHLAND aktiv. Wenn Sie kurz umreißen können: Welche thematischen Schwerpunkte setzt diese politische Kraft? Und weshalb sollte sich ein Wähler oder Sympathisant für sie entscheiden? Was also unterscheidet sie beispielsweise zu anderen Mitbewerbern wie der AfD?

Ingo Weber: Es besteht inzwischen bei einem Großteil der Bürger Deutschlands kein Zweifel, dass wir wieder eine freiheitlich-konservative und bürgerliche Politik in Deutschland und Europa benötigen. Eine Politik, die wieder die Bürger Deutschlands in den Mittelpunkt stellt, eine Politik für die Mehrheit der Bevölkerung. Dabei gibt es sicherlich mehr oder minder große Überschneidungen mit anderen Parteien im freiheitlich-konservativen Spektrum. Was uns ganz grundsätzlich von den etablierten Parteien unterscheidet und dazu gehört inzwischen auch die AfD: Wir sind keine Berufspolitiker mit der Karriere Kreissaal, Hörsaal, Plenarsaal, sondern alles Bürger mit Berufs- oder Studienabschluss und Erfahrung aus echten Berufen und dem wahren Leben. Wir sind Menschen aus der Mitte der Bevölkerung, viele von uns waren vor BÜNDNIS DEUTSCHLAND nicht politisch engagiert und mussten jetzt dieser unsäglichen Politik etwas entgegensetzen. Für den Europawahlkampf treten wir mit dem Slogan an „#Grenzensetzen“ „#Europaerneuern“. Dabei setzen wir auch auf unser Top-Thema „Schlanker Staat“. Dies trifft sowohl die finanzielle als auch gesellschaftliche Übergriffigkeit des Staats, an das andere Parteien nur mit mündlichen Bekenntnissen ranwollen. Ganz konkret zur AfD unterscheidet uns inhaltlich auch ein klares Bekenntnis zum Westen, der NATO und einer reformierten (!) EU.

Von den etablierten Parteien, diversen Leitmedien und Teilen der Bevölkerung wird derzeit gegen rechts Flagge gezeigt und demonstriert. Dabei hat man zunehmend den Eindruck, dass bürgerliche, konservative und heimatverbundene Ansichten mittlerweile pauschal etikettiert werden. Wie würden Sie sich selbst diesbezüglich positionieren? Was halten Sie von der Debatte insgesamt? Und welche Werte verbinden Sie mit einer mittig‐rechten Haltung?

Ingo Weber: Wenn Medien, Verwaltung, Justiz und Regierung im Gleichschritt laufen, dann sollte man sich grundsätzlich fragen, wieweit es mit der Gewaltenteilung und insbesondere der 4. Gewalt, der Medien, in Deutschland noch her ist. Abgesehen davon, empfinde ich die ganze rechts und links Diskussion als ziemlich vereinfachend. Zum einen ist es heute schwer nicht als „rechts“ zu gelten, wenn sogar die CDU für links-woke und grüne Politik eintritt (aber gleichzeitig auch von den Teilen der Demonstranten als rechts angesehen wird). Zum anderen sollten wir uns von dieser Lagerbildung mit links und rechts lösen und lieber überlegen, was wir gemeinsam tun können, damit es für die Bürger Deutschlands auch in Zukunft in unserem Land lebenswert ist. Ich stehe für westlich-christliche Werte. Ich stehe für eine Leistungsorientierung. Ich stehe für Eigenverantwortung. Ich stehe für Wirtschaft nicht Staat. Und ja, ich mag unser Land, meine Heimat.

Aktuell wird in der Bundesrepublik nicht zuletzt aufgrund einer dubiosen Berichterstattung des Recherchezentrums „Correctiv“ über das Thema „Remigration“ diskutiert. Einmal ganz abgesehen von der ideologischen Aufladung dieses Begriffs: Welche Forderungen, Erwartungen und Zielsetzungen haben Sie mit Blick auf die Flüchtlingsströme nach Europa einerseits, die Arbeitszuwanderung andererseits? 

Ingo Weber: Ich stehe zum Grundrecht auf Asyl basierend auf unserem Grundgesetz und den international getroffen Vereinbarungen insb. Dublin. Hiervon differenziert muss man das Thema wirtschaftliche oder soziale Migration betrachten. Hier ist die allgemeine Ansicht, dass wir in Deutschland auf Grund der Demographie Zuwanderung benötigen. Im ersten Schritt, finde ich es allerdings erstaunlich, dass dies noch keiner kritisch hinterfragt hat: KI / Digitalisierung ersetzt Arbeitsplätze, 250.000 qualifizierte Menschen wandern jedes Jahr aus Deutschland aus, Bürgergeld wird als Alternative zum Arbeiten geboten und vielleicht gibt es Menschen, die länger arbeiten wollen? Sollte man dann zum Schluss kommen, dass tatsächlich Migration nach Deutschland aus ökonomischen (!) Gründen notwendig, so ist auch hier selbstredend, dass diese qualifizierte und kontrolliert sein muss.

Viele Menschen, gerade in den Großstädten, fühlen sich nicht mehr nur nachts unsicher auf den Straßen. Wenngleich in der Presse noch immer berichtet wird, dass es sich um Einzelfälle handelt, so nimmt es doch ein wachsendes Gros in der Bevölkerung als mittlerweile alltäglich wahr, dass es zu gewaltsamen Vorfällen, mehr Kriminalität und Verrohung kommt. Was sind aus Ihrer Sicht die Ursachen dafür ‐ und wie reagieren wir darauf am besten?

Ingo Weber: Die Kriminalstatistiken sprechen hier eine eindeutige Sprache, auch wenn man versucht das wahre Ausmaß nicht vollständig offenzulegen. Mit der Zuwanderung nehmen auch bestimmte Formen der Kriminalität zu. Dies hat etwas mit dem sozio-kulturellen Hintergrund zu tun und kann auch nicht schöngeredet oder noch schlimmer eine Täter-Opfer-Umkehr betrieben werden. Wir brauchen hier eine deutliche Aufstockung des Budgets für Polizei und Justiz. Wir brauchen eine konsequente Anwendung der bestehenden Rechtsvorschriften, die auch wieder dem moralischen Kompass der Bürger entsprechen. Wir brauchen aber insbesondere auch wieder Respekt und Wertschätzung vor dem Staat und seinen Einsatzkräften, insbesondere im Übrigen auch durch Politiker und Medien.

Ein Thema, das die Menschen ebenfalls bewegt, ist die zunehmende Sorge vor einer Erodierung unserer kulturellen Identität. Aktuell wird neuerlich über die Bedeutung des Islam für Deutschland gesprochen. Braucht die Bundesrepublik mehr oder weniger Pluralismus? 

Ingo Weber: Mehr! Mehr Pluralismus! Mehr Meinungspluralismus, um genau zu sein. Und weniger kultureller Pluralismus. Seitennotiz: ist es nicht paradox, dass die Leute Pluralismus fordern, diesen nur kulturell fordern, aber nicht bei Meinungen? Generell bin ich ein Verfechter von Vielfalt und Pluralismus. Dieser muss sich aber in einem vernünftigen Rahmen bewegen. Dabei halte ich es hier dem Philosophen Immanuel Kant der sagt: „Die Freiheit des Einzelnen endet dort, wo die Freiheit des Anderen beginnt“. Was wir schon seit einigen Jahren erleben, ist dass das Mehr an Pluralismus dazu führt, dass sich eine bestimmte Form der kulturellen Identität immer mehr gegen eine andere durchsetzt und dies teilweise durch staatliche Förderung. Das ist definitiv der falsche Weg.

Auch sozialpolitisch führen wir verschiedene Diskussionen. Ob es nun um das Bürgergeld geht oder die Frage einer 35‐Stunden‐Woche: Der Eindruck könnte sich verfestigen, wonach wir in Deutschland zunehmend bequemlicher werden. Auch in der nachfolgenden Generation vernimmt man zunehmend eine gewisse Trägheit und fehlende Leistungsbereitschaft. Was sagt das seinerseits über unsere Gesellschaft aus? Aber welche Folgen hat solch eine Einstellung andererseits auch für unsere Ökonomie, für den Fortschritt und für die Zukunft?

Ingo Weber:  Ich zitiere hier immer Ray Dalio. Er teilt die Entwicklung von Staaten in 4 Phasen. Man ist arm und fühlt sich arm (Deutschland nach WKII). Man ist reich und fühlt sich arm (60-90er Jahre). Man ist reich und fühlt sich reicht (2000er Jahre). Hier fangen jetzt die Probleme an, man wird saturiert, nimmt Schulden auf, will nicht mehr (so viel) arbeiten, fordert immer mehr und will immer weniger leisten. Hier sind wir auf jeden Fall schon, wenn nicht sogar eine Phase weiter. Die letzte Phase ist, dass man sich reich fühlt, aber arm ist. Schaut man die Entwicklung der Renten in Deutschland oder die implizite Staatsverschuldung mit 400% wissen wir, wo wir stehen. Nach dieser Phase fängt der Zyklus wieder von vorne an. Wenn wir nicht bald wieder uns zusammenreißen und wieder auf Leistung statt Lethargie setzen, dann sehe ich düster für uns und unser Land. Wir müssen uns auch wieder auf unsere Tugenden besinnen, wie Erfindergeist, Fleiß und Effizienz, auch finanzielle. Dann haben wir auch wieder eine Chance in Deutschland und Europa auf ein Wirtschaftswunder 2.0. Diese Chance besteht, insbesondere auch weil China derzeit schwächelt. Wir müssen sie aber auch nutzen.

Die Ampel hat sich dem Ziel der Klimaneutralität verschrieben und nutzt für das Erreichen ihrer Energiewende Maßnahmen und Konzepte, die bei vielen Bürgern auf Gegenwehr stoßen. Immerhin empfinden sie ‐ wie in anderen Lebensbereichen ‐ ein zunehmendes Vordringen des Staates in die Eigentums‐, Besitzstands‐ und Persönlichkeitsrechte. Braucht es eine Transformation nach Vorstellung von Robert Habeck? Und wie begegnen wir der wachsenden Bevormundung und plangesellschaftlich anmutenden Zuständen?

Ingo Weber: Ich habe generell ein Problem mit Ideologien und mangelnder Vernunft. Hierzu gehören auch Ideologien im Klimabereich genauso wie kulturelle oder gesellschaftliche. Mit der Ideologie der Klimaneutralität dann gesellschaftliche Vorstellungen zu rechtfertigen wie Einschnitte beim Wohnen, bei der Mobilität oder beim Essen, empfinde ich, wie viele andere Bürger auch mehr als grenzwertig und übergriffig. Dass sich die Bürger dann dagegen wehren, ist wohl nicht verwunderlich. Insbesondere in Ostdeutschland wo die Menschen über Jahrzehnte Planwirtschaft und Sozialismus ertragen mussten, reagieren die Menschen – zu Recht – besonders sensibel. Was wir aktuell sehen, ist eine weitere Eskalation, bei der der Staat versucht die Demokratierechte insb. die Freiheitsrechte und hier die Meinungsfreiheit weiter einzuschränken, da immer mehr Menschen realisieren, was aktuell in Deutschland passiert.

Frau Faeser und Frau Paus haben sich die Förderung der Demokratie auf die Fahnen geschrieben.  Was bisher von diesem Vorhaben durchzudringen scheint, das ist das Gefühl, in Deutschland immer weniger Meinungsfreiheit zu genießen. Sorgen Sie sich um die Grundrechte in unserem Land und Bedarf unserer Herrschaftsform tatsächlich einer Verteidigung?

Ingo Weber: Was Frau Paus als Familienministerin hierbei für eine Rolle spielt, habe ich offen gesprochen noch nicht vollständig verstanden. Grundsätzlich bin ich der Meinung, dass die Demokratie die beste Regierungsform ist. Sie ist anstrengend und muss gepflegt werden. Aber es gibt eben keine bessere. Ich bin allerdings immer vorsichtig, wenn der Staat anfängt sich um die Bürger zu kümmern oder Gesetze Marketingnamen haben. Die meisten Steuerentlastungsgesetze hatten mehr Steuern zur Folge, die meisten Bürokratieabbaugesetze hatten mehr Bürokratie zur Folge. Insofern habe ich beim Demokratiefördergesetz ein ungutes Gefühl, insbesondere auch, wenn man sich generell das aktuelle Handeln der Regierung ansieht.

Was trauen Sie Bündnis Deutschlands bei den kommenden Wahlen zu? Welche politischen Ziele wollen Sie selbst erreichen? Und was kann Ihre Partei gerade für Baden‐Württemberg an alternativen Konzepten bieten?

Ingo Weber: Letztes Jahr sind wir ja bereits sehr erfolgreich bei der Wahl in Bremen angetreten und haben knapp 10% der Stimmen geholt. Jetzt steht als nächstes für uns die Europawahl an. Gleichwohl ein Ergebnis zwischen 2-3% der Stimmen für uns im ersten bundesweiten Wahlantritt ein Erfolg wäre, wäre mein persönliches Ziel doch, dass wir über 5% der Stimmen kommen, um ein Zeichen für die anstehenden Landtagswahlen in Ostdeutschland zu setzen. Unser großes mittelfristiges Ziel ist natürlich, dass wir nach den Bundestagswahl 2025 im Bundestag vertreten sind und zu einem Regierungswechsel hin zu einer freiheitlich-konservativen Politik beitragen. Natürlich mit einer Regierungsbeteiligung von BÜNDNIS DEUTSCHLAND. Das gilt natürlich auch für Baden-Württemberg. Hier müssen wir 2026 definitiv das unglückliche grün-schwarze Experiment beenden und Baden-Württemberg wieder dahin führen, wo es hingehört: an die Spitze der Bundesländer bei Bildung und Wirtschaft.

Herr Weber, ich danke Ihnen für Ihre Antworten und Ihre Offenheit!

Zur Person: Ingo Weber (52) aus Stuttgart, ist seit über 25 Jahre erfolgreich mit verschiedenen Unternehmen in der Dienstleistungsbranche sowie als Aufsichts- und Beirat tätig.

Weitere Informationen auf www.buendnis-deutschland.de.

Transparenzhinweis: Der Interviewer steht mit der Partei in keiner Abhängigkeit.

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