Organisatoren setzen für 2024 auf eine weitere Optimierung von personeller Infrastruktur und Technik
Gerade bei seltenen Erkrankungen ist die Vernetzung von Betroffenen untereinander oftmals eine große Herausforderung. Deshalb bewährt sich zunehmend das Instrument der Online-Selbsthilfegruppe als eine Möglichkeit, auch über längere Distanzen hinweg den Kontakt zwischen Patienten herzustellen. Entsprechend wächst die Nachfrage nach diesem Angebot auch beim Verband Dystonie-und-Du e.V. (DYD) stetig. Nachdem das digitale Zusammenkommen dort erstmals 2022 im Zuge der Isolationsmaßnahmen aufgrund der Corona-Pandemie aus der Not heraus geboren wurde, hat sich im Laufe des vergangenen Jahres die Zahl der Interessierten und Teilnehmer nahezu verdreifacht. Mittlerweile sind es mehr als 30 Personen, die man entsprechend verzeichnet hat – wobei bei den letzten Treffen deutlich jeweils weit über 15 Anwesende der Videokonferenz beiwohnten. Dies berichtet der Koordinator für dieses Projekt, der Landesbeauftragte von DYD für Baden-Württemberg, Dennis Riehle (Konstanz). Er organisiert die Meetings, die jeden zweiten Monat am jeweils dritten Donnerstag stattfinden und von der Vorsitzenden des in Karlsruhe ansässigen Vereins, Ulrike Halsch, moderiert werden. „Bei unserem Vorhaben handelt es sich eindeutig um eine Erfolgsgeschichte“, meinen die beiden – und verweisen insbesondere auf den Mehrwert, sich in einem geschützten Rahmen über die Herausforderungen des Alltags und des Umgangs mit der neurologischen Bewegungsstörung unterhalten zu können. „Es hat nicht nur eine unheimlich entlastende Wirkung gerade auf die frisch Diagnostizierten, wenn man weiß, dass man mit solch einem Schicksal nicht alleine dasteht. Und dass wir diesbezüglich nicht nur die Einhaltung des Datenschutzes per Unterschrift einfordern und sich die Teilnehmer auch der Einhaltung der in der Wirklichkeit gültigen Gruppenregeln verpflichten müssen, gibt Sicherheit“, sagt Dennis Riehle.
Deshalb gehe es bei dem Gespräch in der Gruppe im virtuellen Raum auch vornehmlich um das gegenseitige Ermutigen und Bereitstellen von Tipps, Anregungen und guten Gedanken, mit denen man persönlich gut gefahren ist – und die wiederum für Andere eine hilfreiche Perspektive im eigenen Bewältigungsprozess sind, erklärt der bis zum Ausbruch seiner eigenen Dystonie- und Parkinson-Erkrankung als ausgebildeter Psychosozialer Berater beruflich war, und heute als Ansprechpartner in seelischen Krisen und für gesundheitsfördernde Ratschläge allen Hilfesuchen in und außerhalb des Vereins zur Verfügung steht. Und Ulrike Halsch ergänzt: „Dass wir zuletzt auch wiederkehrend fachkundige Experten für unsere Online-SHG gefunden haben, die mit kurzen Impulsvorträgen Fragen beantworten und anschließend zur Diskussion bereitstehen, ist eine enorme Bereicherung – und gibt diesem Format einen weiteren qualitativen Schub“. Aufgrund der gestiegenen Nachfrage schließt das Team von DYD deshalb auch nicht aus, dass es schon bald einer zweiten Gruppe bedarf: „Hierfür brauchen wir allerdings weitere ehrenamtliche Unterstützung – und wollen uns auch technisch besser aufstellen, um diese durchaus mächtige Aufgabe einer denselben Ansprüchen wie in Präsenz gerecht werdenden SHG stemmen zu können. Nicht nur die Finanzierung muss entsprechend sichergestellt werden, sondern gegebenenfalls auch eine Weiterbildung in Sachen Moderation, weiterer Qualifikation und Kenntniserlangung in Sachen Selbsthilfe und Gesundheitsförderung sowie zur Optimierung der bisher genutzten Infrastruktur“, formuliert Dennis Riehle die To-Do-Liste für 2024 abschließend, bei dem weiterhin Anmeldungen für die Gruppenteilnahme möglich sind.
Wer sich als Betroffener oder Angehöriger für die überregional aktive Gruppe interessiert oder das Beratungsangebot und weitere Unterstützung des Vereins nutzen oder Mitglied werden möchte, findet weitere Informationen im Internet unter www.dystonie-und-du.de.
Zum Hintergrund: Die Dystonie-Erkrankung umschreibt eine Vielzahl von Störungsbildern, bei denen sich unwillkürliche Muskelkontraktionen in Krämpfen äußern und zu schmerzhaften wie nicht steuerbaren Zusammenziehungen und Streckungen von diversen Gelenken (vor allem der Handgelenke und von Fingergelenken), der Augenmuskulatur, der Stimme, der Gesichtsmuskeln, des Kauapparats oder der Halsmuskeln kommen kann. Darüber hinaus sind kurzzeitige Muskelzuckungen (Myoklonien) möglich, ebenso wie generalisierte oder auf eine Körperhälfte bezogene Spasmen. Die Behandlung der als extrapyramidale – und damit in einer bestimmten Hirnregion entstehende – Störung einzuordnende Erkrankung aus dem Fachbereich der Neurologie erfolgt in der Regel mit Muskelrelaxantien, Botulinumtoxin oder der Tiefen Hirnstimulation. Die Betroffenen sind oftmals mit emotionalen und Alltagsproblemen konfrontiert und bedürfen deshalb gerade im psychosozialen Bereich einer begleitenden und durchtragenden Hilfe, denn der Umgang mit dem Krankheitsbild bedeutet eine erhebliche Einschränkung und Umstellung im Alltag des Betroffenen und seines Umfeldes.
Der Verein „Dystonie-und-Du e.V.“ ist der bundesweit tätige Selbsthilfeverband, der für Erkrankte und deren Angehörige offensteht, gleichermaßen aber auch für Fachpersonen Anlaufstelle ist und deshalb auch über einen wissenschaftlichen Beirat verfügt. Er wurde 2017 gegründet und vertritt seither die Interessen der Betroffenen der seltenen Erkrankung, die in Deutschland ca. 160.000 Personen heimsucht. Schirmherr des Vereins ist Michael Roth, MdB, Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses im Deutschen Bundestag und Kuratoriumsmitglied des Instituts für Europäische Politik.