Personalmangel und steigende Lebenserhaltungskosten führen dazu, dass viele Mitarbeitende in der Architekturbranche ihr Gehalt derzeit neu verhandeln wollen. „Büroleiter und selbstständige Architekten sollten diese Chance nutzen, um qualifizierte Fachkräfte dauerhaft zu binden“, sagt Führungsexperte Hannes Goth von der Polymundo AG. Doch dafür müssten Gehaltsgespräche in der Branche von Grund auf neu gedacht werden.
„In vielen Architekturbüros werden Gehaltsgespräche eher stiefmütterlich behandelt“, sagt Goth, der bereits zahlreiche Unternehmen aus der Branche in modernem Leadership beraten hat. So falle die jährliche Lohnverhandlung nicht selten aus Zeitdruck unter den Tisch oder wird kurzfristig anberaumt, weil der Mitarbeitende ausdrücklich darum gebeten hat. Dabei sollten Führungskräfte, die ihr Team halten wollen, die Diskussion ums Gehalt unbedingt aktiv planen und vorbereiten, betont der Experte. Denn: Auch wenn viele Architekten intrinsisch motivierte Persönlichkeiten sind, die für ihren Job oft auch eine durchschnittliche Bezahlung in Kauf nehmen, ist vielen nicht entgangen, dass sie in anderen Branchen, großen Büros oder der gewerblichen Wirtschaft mehr verdienen können. Dazu kommen Anreize wie 30 Urlaubstage oder ein Firmenwagen.
Fünfzehn Minuten reichen nicht
„Da können viele Planungsbüros nicht mithalten“, sagt Goth. Gerade deshalb seien regelmäßige Gehaltsgespräche wichtig. Sie geben Führungskräften nicht nur die Chance, ihre Mitarbeitenden leistungsgerecht zu bezahlen, sondern auch, ihre Wertschätzung auszudrücken und einer möglichen Kündigung entgegenzuwirken. Mindestens jährlich sollten sich Büroleiter mit ihren Teammitgliedern für ein halb- bis einstündiges Gehaltsgespräch zusammensetzen. Branchenüblich seien fünfzehn Minuten oder weniger.
Transparenz als Vertrauensbasis
Damit der Termin für beide Seiten zufriedenstellend abläuft, ist gute Vorbereitung nötig. Führungskräfte sollten das Gespräch mit mindestens einer Woche Vorlauf ankündigen und die Zeit nutzen, um zu recherchieren. Dazu zählen Marktdaten ebenso wie plausible Erklärungen für mögliche Gehaltsunterschiede im Team – sei es aufgrund von Leistung, Betriebszugehörigkeit oder sozialen Faktoren. „Doch nicht um später mit Zahlen zu jonglieren“, sagt Goth. Vielmehr gehe es darum, die Vergütung und künftige Möglichkeiten so transparent und nachvollziehbar wie möglich zu machen. Das schaffe die Basis für Vertrauen und eine nachhaltige Mitarbeiterbeziehung.
Weiterqualifizierung ist Architekten wichtig
Um Fachkräfte zu halten, sollten Vorgesetzte auch Möglichkeiten zur Lohnkostenoptimierung in der Hinterhand haben. Wie Umfragen auf Arbeitgeberportalen zeigen, legt ein Großteil der Arbeitnehmer mittlerweile mehr Wert auf bestimmte Benefits als auf ein höheres Gehalt. Das gilt auch für Architekten. Neben flexiblen Arbeitszeiten, Homeoffice und Sabbaticals stehen vor allem berufliche Weiterbildungen hoch im Kurs, sagt Goth. So hoch, dass jeder vierte Arbeitnehmer seine letzte Stelle – unabhängig von der Branche – nicht zuletzt wegen mangelnder Qualifizierungsmöglichkeiten gekündigt hat.
Unterschätzter Benefit: Anerkennung
Der Experte rät Architekturbüros deshalb nicht nur bei der Vergütung, sondern auch bei der Karriereentwicklung zu mehr Transparenz. Was hat der Mitarbeitende seit der letzten Gehaltserhöhung geleistet? Wie hoch ist sein Potenzial? Was sind seine Stärken? Wo gibt es Verbesserungspotenzial? Chefs, die sich mit diesen Fragen beschäftigen und in Gehaltsgesprächen gemeinsam über berufliche Weiterentwicklung sprechen, brächten einen Faktor ins Spiel, den viele Architekten weit mehr schätzten als Gehalt: Anerkennung. Und zwar, indem ihre Leistungen gesehen, wertgeschätzt und im Sinne des Unternehmens weiterentwickelt werden. „Ein unterschätzter Benefit“, sagt Goth, „weil er beiden Seiten unmittelbar nützt – durch mehr Zufriedenheit und Produktivität.“
Kommt es schließlich zum Gespräch, sollte sich Wertschätzung auch in der Kommunikation niederschlagen. Der Experte empfiehlt Führungskräften einen ruhigen Raum, in dem das Telefon und das E-Mail-Postfach auf stumm geschaltet sind, eine offene und freundliche Grundhaltung und die Fähigkeit, sich selbst zurückzunehmen. „Statt monologartig darzulegen, warum sich das Gehalt nicht groß ändern kann, sollten Vorgesetzte nach dem Gesprächseinstieg vor allem eines: zuhören und nachfragen“, unterstreicht Goth. Zum Beispiel: „Welche Frage müsste ich dir stellen, damit du heute zufrieden nach Hause gehst?“
Arbeitswelt 4.0 erfordert Leadership 4.0
Empathische Fragen wie diese werden in den wenigsten Architekturbüros gestellt, weiß der Führungsexperte aus Erfahrung. Doch genau damit setzen sich kleine Unternehmen von den Großen der Branche ab und steigern effektiv die Zufriedenheit und Loyalität im Team. Und gehen die Vorstellungen im Gehaltsgespräch doch einmal zu weit auseinander, ist es ratsam, seinem Gegenüber eine langfristige Perspektive anzubieten. Damit zeigen Führungskräfte, dass sie an einer dauerhaften Zusammenarbeit interessiert sind. „Im Gehaltspoker 4.0 hätten sie damit das entscheidende Ass im Ärmel: Führungskompetenz 4.0“, sagt Goth. „Sie erfordert in Architekturbüros eine neue Haltung und die Überzeugung, dass Wertschöpfung nur mit Wertschätzung einhergehen kann.“
Für Mitarbeitergespräche, insbesondere Kritik- und Gehaltsgespräche, bietet die Polymundo AG einen ausführlichen Leitfaden für Führungskräfte an. Der Download ist kostenlos: https://polymundo.com/ready-to-lead
Über Hannes Goth
Hannes Goth ist der Vorstand und Mitgründer der Polymundo AG. Seit mehr als 10 Jahren coacht und trainiert er Führungskräfte von KMUs und internationalen Konzernen in moderner Führung und Leadership 4.0, darunter zahlreiche Architekturbüros.
Die Polymundo AG ist ein Netzwerk aus Transformationsexperten für moderne Führung & Nachhaltigkeit in Unternehmen mit Sitz in Heillbronn.
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