Samstag, November 23, 2024

Mitten in der Unsicherheit: EXPO REAL 2023 gibt Raum für um sich neu zu orientieren

EXPO REAL 2023 – Für Einige wird es vielleicht die letzte Expo gewesen sein.

BildZu Europas größter Immobilienmesse zog es insgesamt 1.856 Aussteller aus 36 verschiedenen Ländern (im Vergleich zu 2022: 1.887 aus 33 Ländern) sowie mehr als 40.000 Teilnehmer aus insgesamt 70 Ländern (im Vergleich zu 2022: 39.932 aus 74 Ländern) zwischen dem 4. und 6. Oktober 2023 nach München. Unter diesen Teilnehmern befanden sich knapp 20.000 Fachbesucher (im Vergleich zu 2022: 19.434) und 20.312 Unternehmensvertreter (im Vergleich zu 2022: 20.498).

In diesem Jahr stand die Immobilienbranche u.a. vor einer zentralen Frage:
Wohin wird die Reise gehen? – Was erwartet uns im Jahr 2024?
Bei dieser Frage sind sich Dr. Andreas Schillhofer (CFO CA Immo AG Wien, Österreich) und Ralf Kind (Head of Real Estate Debt – Edmond de Rothschild REIM Frankfurt am Main, Deutschland) einig. „Es wird eher schlechter werden“, „bloddy“ wie Kind betont. „Zahlreiche Anleihen laufen im nächsten Jahr aus. Das Kapital, um dies aufzufangen ist zwar vorhanden, jedoch auf einem völlig anderen Level und zu anderen geringeren Kaufpreisen. Darüber hinaus ist der unbesicherte Markt noch nicht gekommen, wenn dies passiert, dann wird’s schmerzhaft“

Gero Bergmann, Mitglied des Vorstands der BayernLB fügte hinzu: „Für einige hier wird es jedoch die letzte Expo gewesen sein.“ Eine sehr klare aber eben auch zutreffende Einschätzung.

Die Branche stellt sich den Herausforderungen
Die Gespräche und Konferenzprogramme auf der Messe erstreckten sich über eine Vielzahl von Themen, darunter ESG, Digitalisierung, Stadtentwicklung, demografischer Wandel, Wohnungsbau und (Re-)Finanzierung. „Zinsen, Nachhaltigkeit, Demographie und Digitalisierung waren die diesjährigen Themen“ bestätigt Dr. Gertrud R. Traud, Managing Director und Chefvolkswirtin bei Helaba. „Die EXPO REAL hat gezeigt, dass die Marktteilnehmer sich diesen Herausforderungen bewusst sind und sich diesen auch stellen.“

Trotz der Herausforderungen in der Branche herrschte auf der Messe auch ein gewisser Optimismus, wie Dieter Becken, Geschäftsführender Gesellschafter bei der Becken Holding GmbH, betonte: „Mit meiner persönlichen Erfahrung aus den vergangenen vier Krisen bin ich zuversichtlich, dass wir diese Herausforderungen gemeinsam meistern können. Die EXPO REAL ist für mich persönlich und für meine Mitarbeiter die geeignete Plattform, um in den konstruktiven Austausch mit anderen Marktteilnehmern zu kommen und Lösungsansätze voranzutreiben.“

Prof. Dr. Tobias Just, Geschäftsführer und Wissenschaftlicher Leiter bei IREBS Immobilienakademie GmbH, fasste die Situation treffend zusammen: Ein Cocktail aus steigenden Zinsen, hohen Baukosten und politischem Hin und Her haben einen langen Aufschwung der Branche jäh beendet. Und dennoch ist das Bild des ,perfekten Sturms‘ falsch, denn die Nutzernachfrage ist in vielen Segmenten intakt,
die Bau- und Grundstückskosten werden wieder nachgeben und der Gesetzgeber rudert zumindest etwas zurück. Ob dies schon 2024 für eine Erholung reicht, bleibt unsicher, aber es gibt eben nicht nur schlechte Nachrichten, und darauf darf eine Arbeitsmesse wie die EXPO REAL ebenfalls hinweisen.“

„Die EXPO REAL hat speziell dieses Jahr wieder bewiesen, dass sie die Arbeitsmesse der Branche ist und die Plattform bietet, über bestehende Herausforderungen, Lösungsansätze und Chancen zu diskutieren“, sagt Stefan Rummel, CEO der Messe München. „Die Immobilienbranche sieht sich mit einer der angespanntesten Zeiten seit langem konfrontiert. Steigende Zinsen, stagnierende Bauvorhaben, Inflation – die Problemstellungen sind vielfältig. Genau aus diesen Gründen haben die Teilnehmer hier in München drei Tage den Austausch und das Gespräch gesucht.“

Geradezu brechend voll war die Konferenz rund um das Thema „Entwicklung der Branche bis 2030“ von Prof. Dr. Hanspeter Gondring, Geschäftsführender Gesellschafter ADI Akademie der Immobilienwirtschaft Stuttgart. „Als Ergebnis der EXPO REAL 2023 hat sich in vielen Gesprächen und Vorträge gezeigt, dass die jetzige konjunkturelle Schwächephase nicht so schnell vorbeigehen wird, womit sich ein enormer Anpassungsdruck für die Immobilienwirtschaft ergibt. Die Umwelt wird noch dynamischer und das Risiko, dass Immobilien aufgrund des technischen Fortschritts zu stark an Wert verlieren, steigt von Monat zu Monat. Jetzt in der aktuellen Situation werden alle Schwächen sichtbar. Der Immobiliensektor ist aktuell im freien Fall. Und das ist erst der Anfang. In den nächsten Jahren wird es eine radikale Marktbereinigung geben. Unternehmen müssen daher ihre Geschäftsmodelle schnellstens überdenken, skalieren und sich mehr diversifizieren. Die Chance liegt in der Veränderung“, betonte Prof. Gondring.

1,0 Mio Wohnungen fehlen
Einer aktuellen Auswertung der ADI-Akademie der Immobilienwirtschaft fehlen aktuell mehr als 1,0 Mio. Wohnungen in Deutschland. Gleichzeitig gingen in den letzten 12 Monaten die Baugenehmigungen um mehr als 30,0% zurück. Aufgrund der aktuellen Baupreise und der Zinsentwicklung wird dieses Problem in den nächsten Jahren vorerst nicht gelöst werden können. Die Mietpreisentwicklung verbleibt also weiterhin auf einem hohen Niveau und wird folglich weiter steigen.

Keine Zinssenkung bis 2027 erwartet!
Die wirklichen Auswirkungen der aktuellen Situation werden in der Immobilienbranche -wie üblich – erst nachläufig Ende 2024 sichtbar. Das bedeutet ganz klar, die wirklichen Auswirkungen der aktuellen Lage und Stimmung sehen wir in den Zahlen erst in einem Jahr schwarz auf weiß, dann aber sehr deutlich.
Für das kommende Jahr rechnet Gondring mit einer Inflation von anfänglich 6,3% die sich 2025 auf 2,3 % und langfristig auf die notwendigen 2,0% einpegelt. Bevor die Unternehmer und Verbraucher dies jedoch in ihren Zinsen sehen werden, sind wir jedoch bereits im Jahr 2027 bzw. 2028 angekommen. Zum einen, weil die EZB die Zinsen erst senken wird, wenn die Inflation mindestens zwei Quartale infolge die 2,0 % – Marke unterschreitet, zum anderen „gehen Sie nicht davon aus, dass Ihre Banken und Sparkassen diese Reduzierung sofort an Sie weitergeben. Die Geldhäuser leben von diesen Margen und werden davon vorerst profitieren wollen, wenn sie überhaupt noch Kreditgeschäft machen…“

Zusätzlich zur aktuellen Zinssituation beklagen viele der anwesenden Bauunternehmer, Projektentwickler und Investoren die überaus langen Bearbeitungszeiten der Bauanträge von vereinzelnd bis zu drei Jahren sowie den aktuellen Regulierungswahn. Allein die Baunutzungsverordnung hat aktuell mehr als 13.000 Regeln, die DIN-Norm über 3600.

Doch wie soll den aktuellen Herausforderungen begegnet werden. Für Prof. Gondring kann es nur eine Lösung geben: „Wir müssen bauen und dafür muss die Flut an Regulierungen abgebaut und günstigere und effiziente Baulösungen genutzt werden.“

Über die EXPO REAL
Die EXPO REAL ist Europas größte Messe für Immobilien und Investitionen und gilt als Netzwerk- und Geschäftsplattform für Marktteilnehmer aus der ganzen Welt. Die Messe bildet sämtliche Segmente der Immobilienwirtschaft ab, von Büro- und Einzelhandelsimmobilien über Hotels, Logistik bis hin zu Wohnimmobilien. Dabei liegt der Fokus auf dem gesamten Lebenszyklus der Immobilien, von der Projektentwicklung und Investition über die Finanzierung und Vermarktung bis hin zum Betrieb. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf den Themen Nachhaltigkeit, Digitalisierung und Transformation der Immobilienwirtschaft. Die nächste EXPO REAL findet vom 7. bis 9. Oktober 2024 statt.

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