Junger Betroffener berichtet von einer massiven Beeinträchtigung für die Lebensführung
In der öffentlichen Wahrnehmung wird die Schüttellähmung mit Zittern und einer gebückten Körperhaltung verbunden. Doch nur wenige Außenstehende wissen um die Vielfältigkeit der Symptome der Bewegungsstörung, die keinesfalls nur ältere Menschen heimsuchen kann. Hierauf macht die Selbsthilfeinitiative „Parkinson in jedem Alter“ aufmerksam und betont angesichts der Komplexität und Kompliziertheit des neurodegenerativen Krankheitsbildes für mehr Sensibilität und eine bessere Versorgung von Betroffenen, die vor allem auch an einer Umsetzung neuester wissenschaftlicher Erkenntnisse ansetzen muss. Wie aktuell der Leiter des ehrenamtlichen Angebots, Dennis Riehle (Konstanz), in einer Aussendung mitteilt, sind zwar im Moment zahlreiche Durchbrüche in der Früherkennung von Parkinson im Gange. Gleichzeitig fehlt es noch an ursächlichen Behandlungsansätzen – und das auch für Patienten, bei denen die Erkrankung bereits vollständig ausgebrochen ist und die durch Dopamin-Therapie nur unzureichende Verbesserung der Lebensqualität und Mobilität erfahren können: „Wenn ich von meinem Syndrom ausgehe, dann ist weniger der einseitig betonte Tremor das Problem, sondern der ausgeprägte Rigor. Diese Muskelsteifigkeit fühlt sich an, als ob man den ganzen Tag im Tretbecken läuft und gegen stetigen Widerstand ankämpfen muss. Wenn man sich erst einmal mehrere Stunden in einem Swimmingpool bewegt hat, weiß man, die mühsam und erschöpfend es doch ist, dauernd das Wasser zu verdrängen, um voranzukommen. Die Abläufe des Körpers sind wachsartig geworden und kosten sehr viele Kräfte. Daneben ist auch die psychomotorische Verlangsamung einschneidend: Ob es die kognitive Flexibilität oder die Gedächtnisleistungen sind, welche ebenso retardiert ablaufen wie das Gehen, Mitschwingen der Arme oder das sich Umsetzen oder Umdrehen“, so der 38-Jährige.
Nachdem Riehle früher als Journalist und Berater selbstständig tätig war, ist er mittlerweile pflegebedürftig und erwerbsunfähig geworden: „Natürlich zerplatzen damit auch Lebensträume. Und die Anpassung an die Krankheit, das Annehmen des Schicksals ist eine Daueraufgabe. Zumal ich noch zahlreiche internistische, psychiatrische und Sinneserkrankungen habe. Da muss man sich mentale Widerstandskraft erst einmal aneignen und versuchen, die neuen Grenzen anzunehmen. Seelsorgerliche Unterstützung haben mir aber zu Dankbarkeit und mehr Gelassenheit verholfen, denn ich genieße heute das Dasein im Hier und Jetzt mit all den kleinen Dingen, die erfreuen und die ich früher oft im Tempo des vorbeirauschenden Alltags übersehen habe. Gleichwohl sind die Instabilität der Körperhaltung, Halluzinationen, Sprech- und Stimmstörungen, Blasenentleerungsstörungen, Salbengesicht, Hypomimie und Paresen eine zusätzliche Belastung durch den Parkinson. Andererseits bin ich froh, dass die medikamentöse Behandlung, Physio-, Ergotherapie und Logopädie ebenso wie Nährstoffsubstitution, Kälte- und Wärmebehandlungen, Akupunktur, Massage, Salbenverbände, Aktivierung, Psychotherapie, Ernährungsberatung, Lichttherapie und die vielfältigen niederschwelligen Angebote wie Selbsthilfe und pflegerische Maßnahmen sehr viel abfedern und den Umgang mit dem Leiden erheblich vereinfachen. Mein Beispiel zeigt, dass eine multimodale und interdisziplinär abgestimmte Konzeption für die langfristige medizinische und therapeutische Begleitung entscheidend ist. Hier hapert es in der Realität aber noch allzu oft, weil auch Ärzte und Klinik nicht immer vernetzt sind, Wartezeiten auf Termine erheblich zu lang bleiben und sich bislang der Schwerpunkt der neurologischen sowie pharmakologischen Behandlung auf wenige verfügbare Optionen begrenzt. Daher braucht es mehr Forschung“, meint Riehle abschließend.
Die kostenlose Psychologische, Sozial- und Ernährungsberatung der Selbsthilfeinitiative ist unter www.selbsthilfe-riehle.de erreichbar.